im Toten Meer

Unter der Überschrift „Life in the Dead Sea“ erschien 1936 ein Artikel in der renommierten Zeitschrift Nature. Der Artikel stammte von B. Wilkansky, der sich später Ben Volcani nannte. Darin wurden mikroskopische Aufnahmen von Bakterien gezeigt, die in Wasserproben aus dem Toten Meer entdeckt worden waren.

Gibt es wirklich Leben im Toten Meer?

Makroskopisches Leben im Toten Meer ist nicht feststellbar. Die Unwirtlichkeit des Toten Meeres beruht auf seinem hohen Salzgehalt von rund 340 g/l, wobei den Hauptanteil daran Magnesiumchlorid ausmacht. Natriumchlorid (Kochsalz), das Hauptsalz in den Ozeanen, liegt in deutlich niedrigerer Konzentration vor. In 1 l Meerwasser aus dem Toten Meer sind 180 g Magnesiumchlorid, 93 g Natriumchlorid und weiterhin Kalium- und Bromidsalze enthalten. Wenn das Tote Meer vollständig durchmischt ist, was ab 1979 für einige Jahre der Fall war, dann wiegt 1 l Wasser 1,238 kg. Das vollständig durchmischte Tote Meer ist tatsächlich tot. Der Grund dafür ist, dass es keinen Mikroorganismus gibt, der unter diesen Bedingungen Photosynthese betreiben kann. 

Seltene Algenblüte

Leben im Toten Meer wird jedoch ausgelöst, wenn starke Regenfälle dazu führen, dass sein Wasserkörper von einer weniger salzhaltigen Wasserschicht überlagert wird. Dieses geschieht nicht allzu häufig, in den letzten Jahrzehnten in den Jahren 1980 und 1992. Als Folge sank die Dichte des Wasserkörpers in den oberen 5 m von 1,23 auf 1,17 kg/l; die Salzkonzentration war nun also vermindert, und die Bedingungen erlaubten eine Blüte (starke Vermehrung) der Alge Dunaliella. Zwischen den Blüten liegen diese Algen in einer Dauerform vor. Sinkt die Dichte des Wassers aber durch Regenfälle unter 1,21 kg/l, so werden sie lebensfähig, sie betreiben Photosynthese und vermehren sich bis zu Konzentrationen von etwa 20 000 Zellen pro Milliliter. 

Freigesetztes Glycerol

Nimmt die Dichte durch Verdunstung wieder zu, dann sinkt die Lebensfähigkeit dieser Organismen, sie lysieren, d. h. sie werden durchlässig. Dabei setzen sie erhebliche Mengen von Glycerol frei, das in den lebenden Zellen zum Ausgleich der großen Unterschiede in den Stoffkonzentrationen im Toten Meer und im Zellinneren angehäuft wird. Durch Glycerol wird der osmotische Druck, der auf diesen Organismen lastet, minimiert; ohne eine hohe Stoffkonzentration im Zellinneren würde es sonst zu einem Wasserausstrom aus den Dunaliella-Zellen und zu ihrem Austrocknen kommen, sie würden verschrumpeln. 

Glycerol als Nährstoff

Freigesetztes Glycerol ist nun die Basis für eine mikrobielle Nahrungskette im Toten Meer. Die Mikroorganismen, die im Toten Meer lebensfähig sind, nutzen Glycerol als Nährstoff, sie vermehren sich und können beobachtet werden. Nachgewiesen wurden die Archaeen Haloferax volcanii und Haloarcula marismortui sowie Bakterien der Art Sporohalobacter lortetii

Seit 1992 warten die Experten auf erneute starke Regenfälle und eine neue Algenblüte im Toten Meer.

 

Aus: Gerhard Gottschalk, Leben in kochendem Wasser und andere Mikrobengeschichten, ISBN 9783527346806

Aus dem Buch:
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