Ein Atomkern besteht aus Nukleonen: den positiv geladenen Protonen und neutralen Neutronen. In einem Periodensystem für „normale“ Zwecke der Chemie ist die Anzahl der Protonen eines Elements links oben neben dem Elementsystem angegeben. Diese Zahl nennt man auch „Ordnungszahl“. Sie reicht von 1 (Wasserstoff) bis hin zu einem der neuesten Elemente, Organesson, mit 118 Protonen. Die Neutronenzahl hingegen ist im Allgemeinen nicht angegeben. Das liegt daran, dass Elemente gleicher Ordnungszahl verschiedene Neutronenzahlen haben können; diese „Varianten“ nennt man Isotope. Chemisch unterscheiden sich Isotope nur wenig, physikalisch hingegen können die Auswirkungen unterschiedlicher Neutronenzahlen drastisch sein: Das Kohlenstoffisotop C-12 (6 Protonen + 6 Neutronen) ist stabil, während das Kohlenstoffisotop C-14 (6 Protonen und 8 Neutronen) mit einer Halbwertszeit von knapp 6000 Jahren zerfällt, also radioaktiv ist.
Mithilfe ausgeklügelter Experimente kann man die Masse einzelner Protonen m(p) und Neutronen m(p) bestimmen – und natürlich auch die Masse von Atomkernen. Letztere steht im Periodensystem der Elemente typischerweise rechts oben neben dem Elementsymbol und wird in sogenannten atomaren Masseneinheiten u angegeben. Nach langem Ringen hat sich die Community darauf geeinigt, die Masseneinheit u als 1/12 (ein Zwölftel) der Masse des stabilsten Kohlenstoffisotops C-12 zu definieren. In Kilogramm ist u eine absurd kleine Zahl: 1 u = 1,661∙10–27 kg, daher ist es deutlich bequemer, im atomaren Maßstab Massen in u anzugeben.
Die Massen von Protonen und Neutronen in atomaren Einheiten sind fast exakt gleich u:
m(p)=1,007 u und m(n)=1,008 u.
Nun würde man eigentlich erwarten, dass die Masse m(Kern) eines Atomkerns der Summe der Massen der P Protonen und N Neutronen in diesem Kern entspricht:
m(Kern)=P∙m(p)+N∙m(n).
Das ist aber nicht so! Nehmen wir das Element Eisen, Elementsymbol Fe. Dessen Atomkern besteht aus 26 Protonen und 30 Neutronen, also sollte dessen Masse sein:
m(Fe)=26∙m(p)+30∙m(n)=26∙1,007 u + 30∙1,008 u = 56,422 u.
In einschlägigen Periodensystemen ist die Atommasse von Eisen jedoch mit dem Wert mreal(Fe)=55,845 u angegeben. Genaugenommen enthält dieser Wert neben der Masse des Atomkerns auch die Masse der Elektronenhülle. Ein Elektron wiegt aber nur 5,5∙10–4 u, das heißt, der Anteil der Elektronenhülle an der Gesamtmasse eines Atomkerns ist vernachlässigbar. Es ergibt sich also zwischen gemessener und vorhergesagter Masse eine Differenz von
mreal(Fe) – m(Fe) = 55,845 u – 56,322 u = –0,577 u.
Wie kann das sein? Wo ist die Masse geblieben? Ist sie einfach verschwunden? Natürlich nicht.
Die Lösung dieses scheinbaren Paradoxons liefert, wieder einmal, Einstein mit seiner berühmten Beziehung E=mc2 zwischen Energie und Masse: Die Protonen und Neutronen im Atomkern sind ja nicht frei, sondern eben im Kern gebunden durch die sogenannte starke Kernkraft oder starke Wechselwirkung. Diese Bindungsenergie entspricht nun genau der (scheinbar) verlorengegangenen Masse (auch Massendefekt genannt) bei der Bildung des Atomkerns!
Damit sind aber noch längst nicht alle Geheimnisse der beobachteten Stabilität von Atomen gelüftet. Was ist die starke Kernkraft? Sie muss sich deutlich unterscheiden von der Coulomb-Kraft, also der Kraft zwischen positiv und negativ geladenen Teilchen, denn Protonen sind positiv geladen und Neutronen sind elektrisch neutral. Da sich gleichnamige Ladungen abstoßen, müsste der Atomkern sofort auseinanderfliegen bzw. könnte sich gar nicht erst bilden. Eine Erklärung in der klassischen Physik gibt es nicht, dafür muss man die Quantenmechanik bemühen – die ihrerseits aberwitzige, aber reale Phänomene erklärt, die dem „gesunden Menschenverstand“ widersprechen.
Science makes Sense! Die Sinne des Menschen und die Entwicklung der modernen Naturwissenschaften
Die Sinne des Menschen – das Riechen, Schmecken, Sehen, Fühlen und Hören – haben eine fundamentale Rolle bei der Entwicklung der modernen Naturwissenschaften gespielt. Sie waren nicht nur die Antriebskraft für die Neugier der frühen Forschenden seit der Antike,...
Who won the Nobel Prize in Chemistry 2025?
You have never heard of MOFs before? It’s high time to change that! Three scientists, Susumu Kitagawa, Richard Robson, and Omar M. Yaghi have been awarded the 2025 Nobel Prize in Chemistry for their pioneering work on the “development of metal-organic frameworks...
Eine Stammlösung richtig verdünnen – eine Kurzanleitung
Wenn du diese vier Punkte beachtest, klappt’s im Laboralltag! Im Labor arbeitest du oft mit konzentrierten Stammlösungen. Diese sind praktisch, weil du daraus ganz einfach Arbeitslösungen mit geringerer Konzentration herstellen kannst. Klingt erstmal simpel – aber wie...
Warum organische Moleküle Namen brauchen – und warum das gar nicht so einfach ist
In der organischen Chemie gibt es Millionen von Verbindungen – und jede braucht einen eindeutigen Namen. Ohne klare Regeln wäre die Kommunikation zwischen Chemiker*innen ein einziges Chaos. Genau deshalb gibt es die IUPAC-Nomenklatur: ein weltweit einheitliches...

