Nachhaltigkeit in Unternehmen - Sitzung

Die Werkstoffwissenschaften bringen Jahr für Jahr faszinierende technologische Innovationen hervor. Innovationen sind großartig, wenn sie das Leben der Menschen sinnvoll bereichern. Die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen ist unabdingbar, um mit dieser rasanten Entwicklung Schritt zu halten. […]

Innovation beinhaltet aber auch ein großes Maß an Verantwortung. In diesem Zusammenhang ist es uns ein Anliegen, auf gewisse Aspekte der Nachhaltigkeit hinzuweisen. Werkstoffe werden aus Rohstoffen hergestellt. Diese stehen nicht in unendlicher Menge zur Verfügung. Deshalb ist eine ökologisch nachhaltige Nutzung inklusive Recycling sehr wichtig. Nicht immer ist das der Fall. Bei vielen Metallen und bei Glas funktioniert die Kreislaufwirtschaft bereits sehr gut. Kunststoff hingegen wird als Verpackung oder Billigprodukt oft nur einmal benutzt und landet in erschreckend Großen Mengen in der Natur, in Gewässern und in den Weltmeeren[1]. Dort braucht er Jahrhunderte, um sich zu zersetzen. In diesem Prozess entsteht sehr viel Mikroplastik, das in die Nahrungskette von Tieren und Menschen gelangt.

Auch Recycling wird das Problem des überbordenden Plastikmülls unserer Wegwerfgesellschaft in absehbarer Zeit kaum lösen können. Zudem lassen sich viele Kunststoffe aufgrund ihrer Additive oder Füllstoffe nur schwer bzw. gar nicht rezyklieren.

Langlebige Produkte versus Recycling

Langlebige Produkte hingegen sind nachhaltig. Aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen sowie unter dem Druck der Finanzinvestoren und der globalen Billigkonkurrenz wird leider viel zu oft eine Gewinnmaximierung oder Kostensenkung angestrebt, z.B. durch den Einsatz billiger Materialien. Darunter leiden die Langlebigkeit, die Qualität und die Wiederverwertbarkeit von Produkten.

Die Herstellung vieler Werkstoffe ist sehr energieintensiv. Positiv ist das Bestreben zahlreicher Firmen und Staaten, den Verbrauch fossiler Energien signifikant zu reduzieren. Dieses Ziel wird durch Energieeinsparungen, Wärmerückgewinnung oder die Nutzung regenerativer nichtfossiler Energieformen wie Wind- und Solarenergie oder die Wärmepumpentechnologie erreicht. Auch die Kreislaufwirtschaft leistet einen wichtigen Beitrag zur Energieeinsparung. Trotzdem bedarf es noch großer Anstrengungen, um das Problem der Treibhausgase und des Klimawandels nachhaltig zu lösen. […]

Die Bedeutung ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit

Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft noch mehr Menschen und Unternehmen erkennen, dass ökologische und soziale Nachhaltigkeit für den sozialen Frieden und das Überleben der Menschheit auf unserem Planeten mindestens genau so wichtig sind wie der finanzielle Profit einzelner egoistisch agierender Personen und Unternehmen. Die Privatisierung der unglaublich großen Gewinne in der Rohstoff- und Finanzbranche einerseits und die Verallgemeinerung der immensen Kosten für Schäden an Mensch und Umwelt andererseits sind nicht mehr zeitgemäß. Verantwortungsvolles wirtschaftliches Handeln wird zu Recht immer stärker eingefordert.

Nachhaltigkeit im Unternehmen

Viele verantwortungsvolle Unternehmen integrieren die Nachhaltigkeit bereits in ihre Zielesysteme. Was können Ingenieur*innen in ihrem konkreten Arbeitsumfeld tun, damit Nachhaltigkeit tatsächlich immer mehr zur Normalität wird? Hier sind ein paar Vorschläge.

  1.  Entwickeln Sie langlebige Produkte, die sich reparieren lassen. Dies senkt in der Regel den Ressourcenverbrauch.
  2. Beziehen Sie den Gedanken des Recyclings bzw. einer Kreislaufwirtschaft in Ihre Produktentwicklungen ein. Sortenreine Werkstoffe erleichtern das Recycling. Verbundwerkstoffe sind möglichst nicht in Massenprodukten (Konsumgütern etc.) einzusetzen, sondern nur für langlebige Spezialanwendungen, wo technisch keine Alternativen möglich sind.
  3. Achten Sie darauf, dass Ihre Produktions- und Logistikprozesse möglichst wenig Treibhausgase erzeugen. Moderne Produktionsstätten nutzen bereits einen hohen Anteil regenerativer Energien und die Möglichkeiten der Wärmerückgewinnung.
  4. Verschmutzen Sie die Umwelt nicht mit giftigen Abwässern, Abgasen, Plastikmüll oder Mikroplastik. Nutzen Sie die modernen Technologien der Abwasseraufbereitung, Luftfilterung sowie zeitgemäße Verpackungskonzepte.
  5. Achten Sie auf die Einhaltung ökologischer und sozialer Standards auch in den globalen Lieferketten Ihres Unternehmens.
  6. Nehmen Sie Ihre Verantwortung für ökologische und soziale Nachhaltigkeit auch als Konsumentin oder Konsument wahr. Das mit Abstand billigste Produkt ist in der Regel nicht das Nachhaltigste. Belohnen Sie nachhaltige Unternehmen mit Ihrem Kaufverhalten. In einer Marktwirtschaft überleben nur Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen auch gekauft werden.

Es ist ein Gebot der Vernunft, verantwortungsvoll und nachhaltig mit Werkstoffen umzugehen. In der globalisierten Wirtschaft ist ökologische und soziale Nachhaltigkeit leider nicht selbstverständlich. Unsere nationalen Gesetze und Standards stoßen bei internationalen Lieferketten und Kapitalflüssen an Grenzen. Bitte betrachten Sie sich und Ihr Handeln daher immer auch als Teil des großen Ganzen. Wir haben nur diese eine Erde.

Aus: Auerswald, Portmann, Grundlagen der Konstruktionswerkstoffe für Studium und Praxis, Wiley-VCH, 2023, 978-3-527-35115-2

 

[1] https://www.iucn.org/content/primary-microplastics-oceans

Mehr erfahren:

Cover ISBN 9783527351152

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