
Als Dorothy Crowfoot Hodgkin 1964 den Nobelpreis für Chemie erhielt, war sie nach Marie Curie und deren Tochter Irène Joliot-Curie erst die dritte Frau, der diese Ehre zuteilwurde. Gewürdigt wurde sie „für ihre röntgentechnischen Strukturbestimmungen wichtiger biologischer Substanzen“. Max F. Perutz, der diesen Nobelpreis zwei Jahre vor ihr erhalten hatte, sagte über die Ausnahmewissenschaftlerin: „Sie hatte den Mut, die Fähigkeit und die schiere Willenskraft, die Methode [Röntgenkristallografie] auf Verbindungen auszudehnen, die weitaus komplexer waren als alles, was zuvor auf diese Weise untersucht worden war.“
Entschlüsselt: Cholesterin, Penicillin, Vitamin B12 und Insulin
Bereits mit zehn Jahren lernte die als Dorothy Mary Crowfoot 1910 in Kairo geborene Britin, wie man Lösungen herstellt, aus denen sich Kristalle züchten lassen. Da war es um sie geschehen: Die Faszination für die Chemie und für Kristalle sollte sie nie mehr loslassen.
Ihre ungeheure Willenskraft trug Dorothy nicht nur durch ihre wissenschaftliche Karriere, sondern half ihr auch im Umgang mit einer Krankheit. Bald nachdem sie 1933 nach Cambridge gegangen war, um dort an ihrer Promotion zu arbeiten, erkrankte sie an einer schweren rheumatoiden Arthritis. Diese sollte sie im Laufe ihres Lebens immer mehr lähmen.
Dennoch wurde sie nach ihrer Heirat mit Thomas Hodgkin (1937) nicht nur Mutter dreier Kinder, sondern erreichte auch in der Forschung Außergewöhnliches. Durch die Anwendung der Röntgenstrukturanalyse ging sie den Strukturen von Cholesterin, Penicillin, Vitamin B12 und Insulin auf den Grund – und zwar mit einer ungeheuren Ausdauer. So vergingen von ihrer ersten eingehenden Beschäftigung mit der Struktur des Insulins bis zu ihrer vollständigen Entschlüsselung ganze 35 Jahre.
Engagement für den Frieden
Die Bekanntheit, die Dorothy Crowfoot Hodgkin durch ihren Nobelpreis erlangt hatte, nutzte sie auch, um sich leidenschaftlich für Frieden und Verständigung einzusetzen. So war sie ab 1962 Mitglied und von 1976 bis 1988 Präsidentin der „Pugwash Conferences on Science and World Affairs“. Hier trafen sich Wissenschaftler aus aller Welt, um Fragen der globalen Sicherheit zu diskutieren. Sie zog mit diesem Engagement ihre persönlichen Konsequenzen aus den Erfahrungen ihrer Mutter, die im Ersten Weltkrieg ihre vier Brüder verloren hatte.
Am 29. Juli 1994 starb Dorothy Crowfoot Hodgkin. Mit ihren herausragenden Leistungen hat sie die Wissenschaft geprägt. Ihre bekannteste Schülerin war übrigens eine gewisse Margaret Roberts. Sie sollte später als Margaret Thatcher außerhalb der Chemie Karriere machen.
Mehr über Dorothy Crowfoot Hodgkin und andere „Science heroines“ erfahrt ihr in unserem Buch European Women in Chemistry, das 54 naturwissenschaftlich forschende Frauen porträtiert.
Abbildung: Briefmarke mit dem Porträt von Dorothy Crowfoot Hodgkin © YONGCHAO/Shutterstock

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