Beulenpest Erreger
Alexandre Yersin entdeckte den Erreger der Beulenpest, und zwar 1894 in Hongkong. Er kam dabei dem japanischen Wissenschaftler Shibasaburō Kitasato zuvor, der dort zur gleichen Zeit forschte. Der Erreger trägt heute den Namen seines Entdeckers, er heißt Yersinia pestis.

Konkurrenz belebt das Geschäft

Seit der Antike haben, von Zentralasien ausgehend, immer wieder Pestepidemien die dicht besiedelten Regionen Asiens, Europas und Nordafrikas erreicht und dort oft ganze Landstriche entvölkert. Als im Jahr 1894 die Nachricht „Die Pest ist in Hongkong“ um die Welt geht, reagieren die britische wie auch die französische Kolonialverwaltung sofort: erstere wegen der Gefahr für die Kronkolonie Hongkong und einer möglichen Ausbreitung der Seuche nach Britisch-Indien; letztere wegen der kürzlich von Frankreich erworbenen Kolonie Indochina, die nur wenige 100 km von Hongkong entfernt liegt.

Alexandre Yersin und Shibasaburō Kitasato

Die Briten entsenden den bei Robert Koch in Deutschland bestens ausgebildeten japanischen Bakteriologen Shibasaburō Kitasato nach Hongkong. Der trifft am 12. Juni 1894 ein und verkündet schon wenige Tage später, er habe mit den Koch’schen Methoden einen Erreger isoliert.

Drei Tage später als Kitasato trifft der in Indochina als Schiffsarzt arbeitende Schweizer Mediziner Alexandre Yersin in Hongkong ein, der im Auftrag Frankreichs ebenfalls den Pesterreger ausfindig machen soll. Während Kitasato die volle Unterstützung der lokalen Behörden genießt, werden Yersin bewusst Steine in den Weg gelegt. Ein Platz im Labor des örtlichen Krankenhauses wird ihm ebenso verweigert wie Zugang zu den Leichen der Pesttoten.

Der Showdown in Hongkong

Yersin arbeitet zunächst im Treppenhaus des Hospitals und zieht dann in eine rasch errichtete Bambushütte um. Mittels Bestechung verschafft er sich hinter dem Rücken der britischen Verwaltung Material aus den Pestbeulen Verstorbener. Innerhalb von nur einer Woche gelingt es ihm, unter einfachsten Bedingungen den später nach ihm benannten Erreger Yersinia pestis zu isolieren, zu kultivieren und mit dem Isolat Nagetiere mit der Pest zu infizieren. Dabei kommt ihm zugute, dass er ohne die sonst üblichen Brutschränke auskommen und seine Kulturen bei der in Hongkong herrschenden Umgebungstemperatur von 26 bis 28 °C wachsen lassen muss; wie sich später herausstellt, sind dies ideale Wachstumsbedingungen für in Kultur gehaltene Yersinia pestis. Kitasato findet in seinen im Brutschrank gehaltenen Kulturen unterdessen ein nicht für die Krankheit verantwortliches Bakterium, das er fälschlich als Pesterreger identifiziert.

Alexandre Yersin im Jahr 1893

(Alexandre Yersin im Jahr 1893)

Aus: Christina Haese, In 80 Keimen um die Welt, ISBN 978-3-527-34968-5

Aus dem Buch:
Coverabbildung: In 80 Keimen um die Welt

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